GRIPPEIMPFUNG
Impfschutz erst nach zwei bis drei Wochen
Die Meldungen gleichen sich jedes Jahr: Von Dezember bis Februar sind Berichte über Grippe-Todesfälle in den Medien an der Tagesordnung. Plötzlich gehen alle zur Grippeimpfung und der Impfstoff wird knapp.
Den sichersten Schutz vor der jährlichen Grippewelle im Winter erhält man mit einer Impfung bereits im frühen Herbst. Erstens dauert es nach der Impfung zwei bis drei Wochen, bis sich ein Schutz aufbaut. Zweitens kommen in der kalten Jahreszeit viele Patienten schon mit Erkältungen in die Praxis, was manchmal eine Grippeimpfung ausschließt.
Ansteckungsgefahr
Außerdem ist in der Erkältungszeit die Ansteckungsgefahr gerade in den Arztpraxen besonders groß. So manch einer hat sich im Wartezimmer schon eine Erkältung geholt und diese dann fälschlicherweise als Nebenwirkung der Impfung gedeutet. Die Impfung sollte daher vor Beginn der Grippesaison vorgenommen werden, am besten bereits im Herbst in den Monaten September und Oktober.
Wie gefährlich ist die Grippe?
Wichtig zu wissen: Erkältung und Grippe sind zwei völlig unterschiedliche Infektionen. Zwar sind in beiden Fällen Viren die Krankheitserreger, doch verläuft eine Infektion mit Grippeviren deutlich schwerer als ein banaler grippaler Infekt. Beobachten Sie daher bewusst Ihre Beschwerden: Treten Fieber, Kopfschmerzen und Schwäche sehr schnell und ungewöhnlich stark ein? Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, einen Grippevirus erwischt zu haben.
Wandlungsfähigkeit
Was die Grippeviren so gefährlich macht, ist ihre Wandlungsfähigkeit. Das Virus ändert seine Oberfläche jedes Jahr, trägt also gewissermaßen immer ein neues Kleid. So überlistet es das Gedächtnis unseres Immunsystems. Dieses muss also jede Wintersaison aufs Neue mit den Krankheitserregern kämpfen. Das Grippevirus ist dazu noch sehr ansteckend und breitet sich rasch im Körper aus. Damit wird unser Abwehrsystem so stark belastet, dass es anfällig wird für weitere Krankheitserreger. Nachfolgende Infektionen sind zum Beispiel Bronchitis, Nasennebenhöhlen-Entzündung sowie die gefürchtete Lungenentzündung. Dann können die Folgen der Grippe lebensbedrohlich werden.
Wer sollte sich impfen lassen?
Grippe ist die Infektionskrankheit, an der in Deutschland die meisten Menschen sterben. Besonders betroffen von schweren Verläufen und Todesfällen sind ältere Menschen sowie Personen, die wegen einer vorbestehenden Grunderkrankung in ihrer Widerstandsfähigkeit geschwächt sind.
Daher ist eine rechtzeitige Grippeschutzimpfung für folgende Personen empfohlen:
- Alle Personen über 60 Jahre (die Leistungsfähigkeit des Immunsystems nimmt mit dem Lebensalter ab)
- Menschen mit chronischen Grunderkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Lungenleiden wie Asthma oder Bronchitis, chronischen Nierenleiden, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus: Diese Erkrankungen schränken Leistungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit des Körpers und des Immunsystems stark ein.
- Menschen mit geschwächtem Immunsystem, z.B. nach Organtransplantationen oder bei bestimmten Krebsleiden
Die Impfempfehlung erstreckt sich zudem auf diejenigen, die mit vielen Menschen in Kontakt kommen und damit einer erhöhten Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind, also z.B. Ärzte, Praxispersonal, Schwestern, Pfleger sowie Lehrer, Busfahrer und Kaufhauspersonal.
Ein Pfleger im Altenheim, der sich bei der morgendlichen Busfahrt zur Arbeit Grippeviren eingefangen hat, könnte sämtliche Bewohner seiner Pflegestation anstecken, bevor er selber etwas von der Infektion bemerkt. Denn bereits ein bis zwei Tage, bevor der Infizierte die Beschwerden verspürt, ist die Virusgrippe ansteckend.
Ist die Impfung auch für Kinder und Schwangere geeignet?
Kinder können bereits ab dem sechsten Lebensmonat gegen Grippe geimpft werden, es gibt jedoch Einschränkungen: Erstens ist auch bei den Kleinen nicht jede Erkältung eine ernste Grippe. Zweitens werden Kleinkinder bereits gegen so viele Infektionskrankheiten geimpft, dass zur Standardimpfung gegen Grippe nicht geraten wird. Wichtig ist die Impfung für Kindern mit chronischen Grunderkrankungen.
Schwangere sollten sich mit ihrem Frauenarzt besprechen.
Zur Impfung wird generell geraten, wenn weitere Grundleiden vorliegen. Auch der voraussichtliche Entbindungstermin und Krankenhausaufenthalt in der Grippesaison können für eine Schutzimpfung sprechen. Die Impfung erfolgt ab dem zweiten Drittel der Schwangerschaft.
Was sollen Sie tun, wenn Sie keinen Impfschutz haben und Grippesymptome spüren?
Zur Behandlung der Grippe gibt es bis heute nur wenige Medikamente. Am wirkungsvollsten sind Neuramidase-Hemmer. Sie blockieren das Enzym Neuramidase, das bei der Vermehrung des Grippevirus eine wichtige Rolle spielt. Durch die Behandlung verläuft die Erkrankung milder und ist auch schneller wieder vorbei. Die Medikamente muss man so schnell wie möglich nach Auftreten der ersten Symptome anwenden, spätestens jedoch nach 48 Stunden.
Neues aus der Forschung
Seit dem Jahr 2000 gibt es einen verstärkten Grippe-Impfstoff, der auch bei Personen mit geschwächtem Immunsystem einen ausreichenden Impfschutz bietet. Er wurde für ältere Menschen über 65 Jahre entwickelt und erscheint besonders geeignet zum Schutz der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen.
In der Schweiz gab es – ebenfalls im Jahr 2000 – eine Impfung, die nicht gespritzt, sondern als Spray auf die Nasenschleimhaut gesprüht wurde. Besonders für Kinder wäre diese Anwendung ideal. Leider sind nach der Markteinführung vereinzelt Gesichtslähmungen aufgetreten, weshalb die Zulassung für den Impfstoff zurückgezogen wurde.
Intensiv wird an einem Universal-Impfstoff gegen Grippe geforscht, der nach einmaliger Anwendung mehrere Jahre lang gegen neu auftretende Virus-Varianten helfen soll.
GRIPPE: VORBEUGUNG IM HERBST
Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) empfiehlt die jährliche Grippe-Impfung für folgende Personen:
- alle Menschen über 60 Jahre
- Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens wie z.B. Lungen-, Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenerkrankungen, Diabetes und anderen Stoffwechselkrankheiten, Immunschwäche und HIV-Infektionen
- Personen mit erhöhter Gefährdung wie medizinisches Personal oder Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr.
Gefährdete Menschen sollten sich jährlich bis Mitte Dezember von Ihrem Arzt impfen lassen. Die Impfung bezahlt die Krankenkasse.
In den letzten Jahren sei die Anwendung der Grippe-Schutzimpfung zwar stetig gestiegen, doch noch immer würden die Impfempfehlungen weitgehend ignoriert, kritisierte Dr. Johannes F. Hallauer vom Universitätsklinikum Charite in Berlin. Laut Dr. Hallauer waren nach Angaben des statistischen Bundesamtes 1999 nur 28,5 Prozent der über 60jährigen geimpft. In den USA hingegen ließen sich im gleichen Jahr 63,4 Prozent der 65 bis 74jährigen impfen und sogar 72.5 Prozent der über 75jährigen. Dr. Hallauer wies besonders daraufhin, wie wichtig die Influenza-Impfung des medizinischen Personals und von Mitarbeitern in Gesundheitseinrichtungen sei. Einerseits müsste unbedingt die Funktionsfähigkeit von Krankenhäusern und Praxen in Grippezeiten gewährleistet sein. Andererseits gefährde krankes Personal auch die Gesundheit der ihnen anvertrauten Patienten. Er forderte deshalb die Krankenhäuser und medizinischen Einrichtungen dazu auf, Ihren Mitarbeitern eine kostenlose Grippe-Impfung anzubieten.
Da sich die Grippeviren ständig verändern, ist eine jährliche Impfung mit einem Impfstoff notwendig, der die aktuellen Viren wirksam bekämpft. Der Impfstoff wird deshalb jedes Jahr neu hergestellt.
Einige Impfstoffe enthalten die Quecksilberhaltige Substanz Thiomersal, die als
Konservierungsmittel dient. Inzwischen, so Dr. Michael Pfleiderer vom Paul-Ehrlich-Institut in Langen, stünden besonders für Kinder zwei Thiomersalfreie Grippe-Impfstoffe zur Verfügung. Aus den anderen Grippe-Impfstoffen solle die Substanz in den nächsten zwei bis drei Jahren verschwinden. Dafür sei aber eine umfangreiche Forschungs- und Entwicklungstätigkeit notwendig, um zu garantieren, dass die Entfernung der Substanz nicht die Eigenschaften der Produkte verändere. Dr. Pfleiderer:
„Insbesondere für Erwachsene stellt Thiomersal kein Risiko dar. Eine Influenza-Impfung aufgrund der Präsenz des Thiomersals zu unterlassen, wäre sicherlich eine falsche Entscheidung.“